Geschichte des Jagdhorns

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Die Kulturgeschichte des Jagdhornes, Dr.D.Ehrenbaum, Musikwissenschaftler
Der Silberne Bruch, Landestagung 6.5.2017
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Jubiläumsschrift Aarg. Bläsercorps
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Akustische Verständigung war auf der Jagd seit jeher eine Notwendigkeit. Wo, wann und wie sich die Urmenschen in grauer Vorzeit erstmals eines Hilfsmittels bedienten, um Töne zu erzeugen, bleibt im Dunkeln. Die ersten Horntöne dürften zweifelsohne durch das Blasen in einen natürlichen Hohlkörper, z.B. in ein Büffelhorn, entstanden sein.

 

In der mittelalterlichen Literatur finden sich erste genauere Hinweise über Hornsignale als akustische Verständigungszeichen der Jäger. Die leicht gebogenen Rundhörner wurden aus grossen Ochsenhörnern hergestellt und mehr oder weniger in ihrer natürlichen Form belassen. Sie erzeugten kaum mehr als einen einzigen Ton. Auch der dumpfe Klang der halbmondförmigen Mittel- und Flügelhörner liess sich kaum variieren.

 

Als die Menschen lange vor unserer Zeitrechnung gelernt hatten, Metalle zu gewinnen und sie durch Giessen, Schmieden oder Treiben zu formen, wurden bald einmal auch Hohlkörper aus Metall hergestellt, womit die ersten von Menschenhand geschaffenen Hörner entstanden. Obschon von hoher Schallkraft, konnten auf diesen einfachen Hörnern nur ein oder zwei unterschiedliche Töne angeblasen werden. Die Ruf- und Jagdleitsignale jener Zeit glichen daher eher Morsezeichen. Trotzdem war das Jagdhorn damals gleich der Waffe ein unverzichtbares Jagdutensil. Es war das Handy des heutigen Jägers. Die weitere Entwicklung verlängerte das Jagdhorn und gab ihm zur besseren Führigkeit zusätzlich Windungen.

 

Seit dem 16. Jahrhundert wurden lange, mehrfach gewundene Hörner neben der Jagd auch in musikalischen Vorführungen eingesetzt, da sie das Spielen von Melodien ermöglichten. In der Folge entwickelte sich das Jagdhorn zum modernen Orchester-instrument, welches Mozart, Haydn und vielen anderen für ihre Kompositionen zur Verfügung stand.

 

Im 17. Jahrhundert, der Zeit des Barocks, gewinnt die Parforcejagd an Bedeutung. Für diese Jagdart wurde das Parforcejagdhorn entwickelt. Das grosswindige Horn ist das leistungsfähigste und malerischste überhaupt. Eine Vielzahl von Naturtönen ermöglichen es dem Bläser, auf diesem Horn klangvolle Signale, Fanfaren und Jagdmusik vorzutragen. Seine höchste Entwicklungsstufe und Glanzperiode erreichte das Parforcejagdhorn an den Höfen König Ludwigs XIV. von Frankreich. Aus dem Parforcejagdhorn entwickelte sich später das Konzertwaldhorn. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr die Parforcejagd in Deutschland ihren Niedergang und das Parforcejagdhorn verlor an Bedeutung.

 

An seine Stelle rückte das kleine, handliche deutsche Fürst-Pless-Jagdhorn. Es wird bis heute als Signalhorn auf Treibjagden eingesetzt. In den 1960er Jahren erlebte das Parforcejagdhorn eine Renaissance. Dank seines grossen Tonumfangs hat es in vielen Jagdhornbläsergruppen wieder Eingang gefunden. In gleicher Stimmung kann es zusammen mit dem Fürst-PlessHorn in der Jagdmusik verwendet werden. Im technischen Zeitalter des Funks und des Telefons hat das Jagdhorn heute auf der Jagd an Bedeutung verloren. Es gilt bei vielen Jägern heute nicht mehr als das unentbehrliche Hilfsmittel für die Durchführung einer Treibjagd. Was nicht mehr gebraucht wird, etabliert sich im Brauchtum. Dies trifft auch auf das Jagdhorn zu. Im Brauchtum des Jagdhornblasens werden die überlieferten Jagdsignale ,Fanfaren und Jägermärsche erhalten. Die meisten der in Gruppen musizierenden Jagdhornbläser beherrschen und verstehen die ca. 40 Jagdsignale. Darüber hinaus werden wiederentdeckte und neu komponierte Jagdmusikstückeeinstudiert und bei den verschiedensten Anlässen vorgetragen. So kommt es, dass das Jagdhorn heute viel häufiger und öffentlicher zu hören ist als zu jener Zeit, da es nur beim Jagen Verwendung fand. Auch manch stressgeplagter und handyabhängiger Jagdherr verzichtet bei der Jagd wieder auf technische Hilfsmittel und greift auf das althergebrachte Horn zurück. Ein weiter Bogen umspannt die Zeit vom Urhorn zum modernen Waldhorn. Das Jagdhorn in seinen verschiedenen Formen spielt dabei bis in unsere Gegenwart eine lebendige Rolle.

 

Reinhold Stief als Komponist für Jagdhornmusik
Bekannte deutschsprachige Volkslieder wie „Ein Jäger aus Kurpfalz“ und „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“ wurden auch in Fassungen für die Jagdhörner herausgegeben. Beide existieren in von Reinhold Stief arrangierten Versionen. Weitere von ihm komponierte oder arrangierte Stücke für Jagdhorn:
- Hubertusmarsch
- Ehrenfanfare
- Waidmannsheil
- Festmarsch
- etc.


Reinhold Stief lebte von 1935 bis 1992. Er verfasste ab dem Jahr 1973 bis zu
seinem Tod neun Bände mit Noten für Fürst—Pless- und Parforce-Horn. Er setzte
sich sehr für das Parforce Doppelhorn in B und Es ein. Die wohl grösste Leistung
von Stief war die Wiederbelebung der Hubertusmesse in Deutschland. 1965 war
seine Jagdhorngruppe die erste, die diese seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland
vergessende Tradition wieder aufnahm.

 

Entwicklung in der Schweiz

Nach starker Vernachlässigung der Jagdhornmusik anfangs des 20. Jahrhunderts, begannen in den 1950er bis 1960er-Jahren wieder Jäger in der Schweiz das Fürst-PIess-Horn zu blasen. 1959 wurde erstmals der Eidgenössische Bläserwettbewerb durchgeführt, welcher seither alle zwei Jahre stattfindet. Seit 1972 gibt es auch das Eidgenössische Jagdhorn-BIäser-Schiessen. Bei diesem Wettbewerb werden nicht nur die Fertigkeiten als Jagdhornbläser, sondern auch diejenigen als Schütze getestet.

 

In der Schweiz werden vor allem das Fürst-Pless-Horn und das Parforce-Horn in B geblasen. In den Kantonen Jura und Genf wird allerdings das Parforcehorn in D bevorzugt. Laut „Jagen in der Schweiz“ gab es 2012 circa 130 Jagdhornbläser-Gruppen mit insgesamt etwa 1'400 aktiven Bläsern. Die Jagdhornmusik ist ein fester Bestandteil der Jagdkultur und somit auch des jagdlichen Brauchtums und ist davon nicht mehr wegzudenken. Zudem stellt es ein sehr wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit dar. Diese soll Nicht-Jägern mit der Jagd, ihrem Brauchtum und ihren Werten vertraut machen.

 

Die Jagdhornmusik im Kanton Aargau

1958 wurde das Bläsercorps der Aargauer Jagdschutzvereins gegründet. Anfangs spielten lediglich 40 Bläser im Bläsercorps mit. 1973 waren 84 Jagdhornbläser Mitglied im Bläsercorps und 2005 bereits 220. Dem Bläsercorps sind 9 Jagdhorngruppen angeschlossen: Jagdhornbläser Zurzibiet (ehemals Badenergold), Distellaub, Freiämter Dachse, Freiwild Wiggertal, Fricktal, Hallwyl, Lengnauer Füchse und SonatES. 2016 sind laut der Website des Bläsercorps 161 Jagdhornbläser Mitglied im Bläsercorps. Auf der Herbstjagd spielten 2005 laut Cerutti circa 600 Jäger im Kanton Aargau Jagdhorn.